Sonntag, 30. Januar 2022

Ein starker Frauenroman

 "Die blaue Stunde" von Jule Heck

Jule Heck, hier mit ihrem Dackel Amy (Archivfoto Petra Ihm-Fahle)


Nach anregenden Schmöker-Stunden habe ich die Lektüre beendet und bin sehr angetan: von Jule Hecks neuem Buch „Die blaue Stunde“. Die Autorin aus Münzenberg hat mit dieser Geschichte um das Leben einer starken Frau einen großen Sprung nach vorn getan. Bis dahin schrieb sie weitgehend Kriminalromane, die Münzenberg und die Wetterau als Schauplatz hatten. „Tod im Schatten der Burg“ lautete dabei das Motto ihrer erfolgreichen Titel. "Die blaue Stunde" dürfte eher weibliche Leser ansprechen.

Jule Heck erzählt anschaulich

Schon manchmal war mein Eindruck, dass die anschauliche Art, das Alltägliche zu beschreiben, der Autorin besonders liegt. Diese Einschätzung fand ich bestätigt, während ich ihr neues Buch las. In diesem findet sich übrigens eine Reminiszenz an ihre früheren Werke - das ist ein Dackel namens Erdmann.     


Jule Heck: Ihre Heldin heißt Hella

Auch wenn „Die blaue Stunde“ mit Krimis nichts zu tun hat, ist die Handlung nicht minder spannend. Es geht um Hella, die mit 17 Jahren schwanger wird und ihren Lover Stefan heiraten muss. Er ist acht Jahre älter, Architekt, steigt in die florierende Baufirma seines Vaters ein und bietet Hella ein Leben in Wohlstand. Für sie beginnt ein Dasein als Hausfrau und Mutter, obwohl sie eigentlich studieren wollte, aber sie fühlt sich dabei nicht unwohl. Stefan und sie lieben sich nicht, mögen sich aber und machen das Beste daraus. Wären da nicht die vielen familiären Probleme und Verstrickungen. Von diesen erzählt Heldin Hella schwungvoll aus der Ich-Perspektive. Schauplatz ist, anders als sonst nicht die Wetterau, sondern der Chiemgau.

Wandlung zur Unternehmerin

Die Handlung beginnt in den siebziger Jahren und endet im Jahr 2010. In dieser Zeit macht Hella eine Wandlung durch, weg von der fügsamen Tochter, Schwiegertochter und Ehefrau hin zur erfolgreichen Unternehmerin. Doch irgendetwas fehlt, weshalb sie sich auf die Suche zu sich selbst begibt. Sie reist in die Flensburger Förde, wo sie eine Auszeit nimmt. Kaum ist sie dort, warten auch schon neue Abenteuer auf sie.

Viele Hürden

Dicht, authentisch und unterhaltsam erzählt Jule Heck diese Geschichte. Heldin Hella muss viele Hürden bewältigen und steht immer wieder vor unsäglichen Situationen und Überraschungen. Als Leser/in möchte man stetig weiterschmökern und wissen, wie es weitergeht. Nicht zuletzt deshalb, weil der eine oder die andere ähnliche Situationen auch schon mal erlebt hat und daher nachempfinden kann. Die kurzen Kapitel fördern dabei den Lesefluss.

Sympathische Heldin

Hella ist eine sympathische Heldin, aufgeschlossen und mit einem großen Herzen für ihre Mitmenschen ausgestattet. Sie ist tolerant gegenüber den Eigenheiten ihrer Mitmenschen, kann sich sehr gut einfühlen, weiß aber energisch den Riegel vorzuschieben, wenn es ihr zu viel wird.

Bayern und Schleswig-Holstein 

Was die Handlung rund macht, sind die anschaulichen Beschreibungen Hecks, die ihre Leser/innen mit Bayern und Schleswig-Holstein in ansprechende und interessante Gegenden versetzt. Es sind Gebiete, die viele Menschen aus eigenen Urlauben kennen: In denen man sich wohlfühlen kann und in die man sich gern hineinversetzt. Auch die zeitgeschichtlichen Einschübe machen die fast 400 Seiten des Romans zu einem gelungenen Leseerlebnis.  

Jule Heck, "Die blaue Stunde", edition winterwork Borsdorf 2021, 396 Seiten, ISBN 978-3960148456, € 12,90

Weitere Infos zu Jule Heck

Montag, 24. Januar 2022

"Die blaue Stunde" von Jule Heck

Repro: Ihm-Fahle


Mit Vergnügen lese ich "Die blaue Stunde" von Jule Heck, um das es in den nächsten Blogbeiträgen von "Lesen in Bad Nauheim" gehen wird. Diesmal legt die Autorin aus Münzenberg keinen Krimi, sondern einen Gesellschaftsroman vor. Schon der Einstieg beginnt flott und macht Lust auf mehr. Typisch für Jule Heck ist die anschauliche unterhaltsame Art, zu erzählen. 

Es geht um die 17-jährige Hanna, die ungewollt schwanger wird. Im Bayern der siebziger Jahre gibt es keinen anderen Weg, als den Vater ihres Babys zu heiraten; den acht Jahre älteren Architekten Stefan. Darauf besteht ihre Mutter, die sich dadurch den Aufstieg in eine andere Gesellschaftsschicht erhofft. Es ist nicht die große Liebe zwischen dem jungen Ehepaar, aber die beiden machen das Beste daraus. Auf Dauer kann dieses Arrangement Hanna aber nicht zufriedenstellen. 

Jule Heck: Die blaue Stunde
Edition Winterwork
Borsdorf 2021
396 Seiten
ISBN 978-3-96014-845-6 
€ 12,90
 

Sonntag, 23. Januar 2022

"Mondia oder die Verschwörung der Gleichen" von Luise Link


Luise Link (Foto: Petra Ihm-Fahle)


Mit „Mondia oder Die Verschwörung der Gleichen“ hat Luise Link aus Rockenberg einen unterhaltsamen Zukunftsroman vorgelegt. Im Mittelpunkt steht Anne, die im Riesenstaat Mondia lebt. Die Bürger, die Gleichen, werden von einer Elite der Gleichen regiert. Das Motto des kontrollierten Systems lautet „Gleichheit und Gerechtigkeit“. An ihrer Spitze steht ein PRIMEQUI, ein Führer auf Zeit. Kann das gutgehen?

Luise Link: Heldin soll Artikelserie schreiben

Als Anne bei einem Verlag anfängt, erhält sie einen Spezialauftrag. Sie soll eine Artikelserie über die einst gefeierte Pianistin Nora Fichtner schreiben, die mittlerweile eine Seniorin ist und zurückgezogen lebt. Dafür räumt Verlagsleiter Edwin Schneider der jungen Frau überraschend viel Zeit ein. Während der Treffen mit Nora beginnt Anne, freundschaftliche Gefühle für ihre Interviewpartnerin zu entwickeln. Bald merkt sie, dass es um etwas anderes als die musikalische Karriere der Pianistin geht. Wie sich herausstellt, wollen Nora und eine Gruppe Verbündeter die Freiheit ihres früheren Lebens zurückerobern. Das ist gefährlich.    

Ausgangsidee des Romans von Luise Link war, Tendenzen zukünftigen Daseins zu beleuchten und sich die Frage zu stellen, wohin die Reise gehen kann. „Dass man diese soziale Fantasie verwendet und sich überlegt, wie sich die Gesellschaft entwickeln kann“, schildert die frühere Politiklehrerin.

Luise Link: Trugschluss der schönen Welt

Ihr Buch ist innerhalb eines guten Jahrs entstanden. „Im Herbst 2020 habe ich damit angefangen“, erzählt sie. Versatzstücke und Ideen, die sie schon im Vorfeld geschrieben hatte, arbeitete sie dabei ein. Für ihr Vorgängerbuch „Utopisch“ hatte sie viel gelesen und insofern schon Ideen gesammelt. „Es ist ja nicht nur so, dass man sich eine schöne Welt vorstellt, sondern die wird manchmal ja auch zu einer weniger schönen Welt in der Praxis. Darum geht es in dem Buch.“ 

Einfühlsam und unterhaltsam

Der ernsthafte politische Anspruch macht die 241 Seiten allerdings nicht zur schweren Kost. Die Geschichte ist vielmehr einfühlsam, anschaulich und unterhaltsam erzählt. Die farbigen Bilder von Doris Bauer tragen zum Lesegenuss bei. Ein schweres Thema leicht zu verpacken, war denn auch das Ziel von Luise Link. „Das Buch ist eine Anregung, mit den Figuren zu gehen, Identifikation zu erlauben, mit den Protagonisten zu leiden und zu lieben.“

Doris Bauer illustrierte das Buch. (Repro: Petra Ihm-Fahle)
Bedeutung Freiheitsstatue

Zeitweise spielt die Handlung auch in New York, einer Stadt, die Link faszinierend findet. „Die dortigen Denkmäler wie die Freiheitsstatue haben für die ganze Menschheit eine Bedeutung“, sagt sie.

Liebe zur Musik

Die Autorin hat einen intensiven Bezug zur englischen Sprache. Insofern hatte sie Freude daran, ein kleines bisschen in diese Passagen zu holen und englische Zitate einzubauen. Sinngemäß fasst sie die Übersetzung jeweils zusammen. „Die Schönheit der Sprache gefällt mir und das wollte ich in Kürze nahebringen.“ Auch die Musik spielt wegen des Berufs der Heldin Nora eine Rolle. „Ich liebe die Musik und spiele auch Klavier“, erzählt Link. Den Stimmungen der Handlung entsprechend, ließ sie dies einfließen. „Das ist eine Dimension, die Musikliebhaber entdecken können – das muss man aber nicht.“ Es ist kein Musikroman, sondern die Musik ist ein Detail.

Veröffentlichung als Selfpublisherin

Wie viele Autorinnen und Autoren erlebte Link, dass der Weg über Publikumsverlage schwer ist. Insofern veröffentlichte sie ihre Werke in einem Verlag für Selfpublisher, womit sie zufrieden ist. „Das Schreiben macht mir viel Spaß. Es bereitet mir Freude, ein Buch zu veröffentlichen, es in den Händen zu halten und eine gewisse Würdigung und Akzeptanz zu haben“, sagt sie. Diese Erfahrung vermittelt sie auch in ihrem Ratgeber „Sie wollen ein Buch schreiben? Literarische Technik für Einsteiger“.  

Autorin Luise Link (Foto: Petra Ihm-Fahle)
Mittlerweile zehn Bücher

Mittlerweile verfasste sie zehn Bücher und ist mit Beiträgen in vier Anthologien vertreten. Drei bis vier Stunden schreibt sie pro Tag, in der Regel in den frühen Morgenstunden. „Es ist ein faszinierendes Handwerk“, sagt sie.

Ihre Bücher sind im heimischen Buchhandel und auf Online-Plattformen erhältlich. 

Luise Link: „Mondia oder Die Verschwörung der Gleichen“, Norderstedt 2021, Verlag Twentysix, ISBN 978-3-740-78402-7, Cover und farbige Bilder von Doris Bauer, Preis € 12,–

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